5. Etappe von Hennigsdorf nach Wensickendorf

5. Etappe, Donnerstag, 13.3.2014

Langsam wächst unsere kleine Wandertruppe zu einem respektablen Seniorenfreizeitaktiv heran. Zu viert starten wir in Hennigsdorf, später stoßen zwei Halbtagskräfte hinzu. Mal sehen, ob wir gegen Ende der Berlin-Umrundung einen Sonderzug bei der Reichsbahn bestellen müssen.

Bei sonnigstem Frühlingswetter machen wir uns gegen viertel zehn auf den Weg und gehen planerfüllend an der Hennigsdorfer Kirche vorbei. Die vom Wissenden versprochene Gedenktafel betreffend Martin Luther und Katharina von Bora wird nicht entdeckt. Vielleicht befindet sie sich im Innern der Kirche, eventuell ist sie in den Schmelzöfen der Metalldiebemafia verschollen. An der Hauptstraße entlang geht es über die Havel und dann auf dem Radweg nach Norden, östlich der Altarme der Havel, die schon ahnen lassen, welche Art von Natur wir heute erleben werden. Wir nehmen den punktierten Kartenweg, weil wir vorläufig, unsere Ausdauer betreffend, frisch und optimistisch sind und einen halben Kilometer „Umweg“ als vernachlässigbar einstufen. Einige Stunden später hätten wir wohl anders entschieden…

Wir überqueren Eisenbahn und Autobahn, alles sehr akkurat im „Reschke“ beschrieben, obgleich wir einen abkürzenden Wiesenweg (S. 87, links unten) nicht entdecken können, wohl aber die Gärten der Schillerpromenade. Ein eingeritztes Hakenkreuz auf einem Briefkasten scheint den Hausbesitzer nicht zu stören, vielleicht soll es auch den rechten Weg weisen.

Wir nähern uns Birkenwerder, dem Halbetappenziel mit Verpflegungsstation, haben vorher aber noch, nach dem Motto „Ohne Fleiß kein’ Preis“, zwei kleine Prüfungen zu überstehen. Es heißt bei Reschke (S.87, re., Mitte), dass wir „…schräg nach links auf einem weitläufigen Wiesenweg weiter in Richtung eines Hauses…“ gehen mögen, was wir auch, vom blauen Punkt geleitet, tun. Leider versperrt vor dem besungenen Haus eine Pferdekoppel, mit stromdurchflossenen Drähten gegen Missbrauch gesichert, den gewünschten Weg. Weil uns rechts am Zaun entlang ein Schild mit der freundlichen Aufschrift „Durchgang verboten – Privatbesitz“ nahelegt, uns nicht strafbar zu machen, versuchen wir unser Glück in der linken Richtung. Immer am Zaun entlang, links Moor, rechts Angst vor Stromschlägen, müssen wir nach 200 harten Metern doch die Vergeblichkeit unseres Tuns erkennen, als der nicht mehr vorhandene Weg in einer Sackgasse (Zaun grenzt an Zaun) endet. Also den geordneten Rückzug antreten, den ursprünglichen Weg nehmen und die Erkenntnis gewinnen, dass auch neue Wanderbücher nach kurzer Zeit vom Lauf der Welt überholt werden können.

Als wir endlich an der Briese ankommen, warnt uns eine offizielle Hinweistafel, dass der Wanderweg wegen Hochwassers gesperrt sei. Da wir das nach fünfwöchiger Trockenheit für einen Witz halten, machen wir uns auf den Weg über einen wunderschönen Bohlenweg, der uns heute erstmals durch urwaldähnliches Gelände führt. Nach einigen hundert Metern stellt sich heraus, dass die Birkenwerdersche Stadtverwaltung doch nicht soviel Humor wie gedacht besitzt, sondern der Hinweis blutiger Ernst war. Aber jetzt kann uns auch eine vier Meter lange und fünf bis zehn Zentimeter tiefe Überschwemmung nicht zur Umkehr bewegen, weil der Mittagshunger doch die Angst vor nassen Füßen bei weitem übertrifft.

Nachdem wir die Bundesstraße 96 in Birkenwerder überquert haben, geht der Weg genauso schön weiter und führt uns zum Mönchsee (8) und einige hundert Meter weiter zum Boddensee (9). Fast alle Plätze sind im Gasthaus am Boddensee um kurz nach zwölf an einem Wochentag besetzt. Deutschlands Rentnern kann es so schlecht nicht gehen, vor allem, wenn man bedenkt, dass das Hefeweizen stolze 4,90 Euro kostet. Dafür gibt es die Mittagsgerichte („zwei zum Preis von einem“) ermäßigt. Vielleicht ist das der Grund für die überraschende Nachfrage, denn die Qualität des Essens ist zwar nicht schlecht, aber auch nicht überragend (Zwei minus/Drei plus). Nach ernsthaften Überlegungen, es damit bewenden zu lassen und den Arbeitstag mit einer zünftigen Kartenspielrunde ausklingen zu lassen, entscheiden wir uns für die Pflicht und machen uns auf den Weg zur zweiten Halbzeit. Es geht jetzt kilometerlang durch das Landschaftsschutzgebiet „Naturpark Barnim“, immer an der Briese entlang Richtung Nordosten, durch wahre Zauberwälder. Manchmal gibt es Plankenwege durch Sumpfgelände, meist ist der Weg aber naturbelassen. Teilweise ist die Briese durch fleißige Biberarbeit zu richtigen Teichen aufgestaut, so dass eine Art Auwald entstanden ist. Wir kommen noch am kleinen Briesesee (10) vorbei und müssen nur zwei Mal Straßen überqueren. An der zweiten, der Summter Chaussee, merken wir doch, dass wir nicht jede Woche 25 km marschieren. Die Beine werden schwer und der Kopf wird leer. Bis zum Bahnhof Wensickendorf ist die Entfernung aber überschaubar. Das Straßendorf besteht aus vielen alten Bauernhäusern, unter deren Rauputz manch Kleinod versteckt sein mag. Wir erreichen das sich selbst und den ortsansässigen Wandalen überlassene (ehemalige) Bahnhofsgebäude rechtzeitig, um den modernen Triebwagen der NEB (Niederbarnimer Eisenbahn), der Heidekrautbahn, zu besteigen, der uns in zwanzig Minuten nach Karow (Anschluss an die S-Bahn vom selben Bahnsteig) und von dort zurück in die Stadt bringt.

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