6. Etappe, Donnerstag, 10.4.2014
Die heutige Etappe verspricht Wasser satt, sodass wir die in der Nähe von Wensickendorf liegenden Seen Lubowsee und Rahmer See einfach ignorieren können. Also marschieren wir bei ansprechendem Wanderwetter (kühl und trocken) durch offenes Gelände Richtung Nordosten. Leider ist von der vom Schulfreund ersehnten Kaffee-to-go-Ausgabestelle weit und breit nichts zu sehen: Eine Marktlücke. Wir erreichen den Stolzenhagener See (11) ohne Zwischenfälle und alsbald führt ein Wanderweg direkt am Ufer entlang. Die im Buch (Reschke: „66-Seen-Wanderung“) versprochene Gaststätte „Fischerstube“, in der eventuell auch ein Kaffee ausgeschenkt worden wäre, hat selbstverständlich geschlossen. An der Südostecke des Sees gibt es eine schöne Badeanstalt (eingezäunt), an deren Kiosk es im Sommer bestimmt einen Kaffee gibt. Eine kurze Landbrücke trennt uns vom Wandlitzsee (12). Einen Uferwanderweg sucht man hier vergebens, schöne und weniger schöne Villen grenzen direkt an den See. Auch in früheren Jahrzehnten war offenbar der Seezugang für die Arbeiter und Bauern eingeschränkt. Doch bevor wir den Bahnhof Wandlitzsee erreichen, gibt es noch eine Promenade mit Seezugang und Seeblick. Wir kommen an einem Einkaufszentrum mit Bäckerei vorbei, in dem es endlich den Kaffee gibt, der jetzt aber nicht mehr nötig wäre, da wir inzwischen auf Betriebstemperatur sind. Da es sich um eine Mischung aus Alimentari und Konditorei handelt, gibt es zum Kaffee ein Bruschetta, eine gute Mischung, die das Weiterwandeln erleichtert. Am Zwanzigerjahre-Bahnhof vorbei, der unter Denkmalschutz steht (in Berlin wäre das ein Hinweis für den baldigen Abriss), geht es zu den Drei Heiligen Pfühlen (13), die hier aber nur als ein See gerechnet werden. Der Duden sagt zur Mehrzahl von „Pfuhl“ zwar „Pfuhle“, aber als Eigennamen kann man das wohl gelten lassen. Das Gasthaus „Versunkene Glocke“ sieht so aus, als ob es seine letzte Saison schon hinter sich hat. Wer weiß? Um näher an die „Pfühle“ heranzukommen, weichen wir von dem markierten Weg ab (Reschke, S.97) und gehen durch den Wald einen schönen Pfad entlang, der gerade noch so erkennbar ist. Ein Zaun, genau wie im Buch der Bücher beschrieben, weist uns den Weg auf den markierten Wanderweg zurück, die Bank, an der man abbiegen soll, wird es in wenigen Jahren aber nicht mehr geben, sie löst sich langsam aber sicher in Wohlgefallen auf. Wir rätseln, woher der Regenbogensee (14) wohl seinen schönen Namen hat, es gibt aber keine auf den ersten Blick sinnvolle Erklärung. Ein Sumpfgelände, das den verlandeten früheren Seenverlauf anzeigt, führt uns zu einer hohen Moräne, hinter der der Liepnitzsee (15) liegt. Im Sommer auch wegen des sauberen Wassers ein ordentlich frequentierter Badesee (Campingplatz auf der Insel „Großer Werder“), genießen wir als einzige Wanderer den Blick über den See und auf den an einigen Stellen ergrünenden Wald am gegenüberliegenden Ufer. Hinter dem im Umbau befindlichen Fähranleger geht es zur Straße hinauf. Den Abstecher zum Seechen (16) ersparen wir uns; er schimmert zwischen Häusern hindurch, aber nicht jedes Ufergründstück macht neidisch. Das Rauschen der nahen Autobahn kündigt uns eine weniger angenehme Seite der Zivilisation an, die ansonsten durch (fast) überall verfügbaren Kaffee (s.o.) auch ihre angenehmen Seiten haben kann. Der Obersee (17), an dessen östlichem Ende mit Lanke unser heutiges Ziel liegt, ist jedenfalls aufgrund des Autobahnlärms als Urlaubsziel aus der Liste der 3000 schönsten Orte der Mark Brandenburg zu streichen. Eigentlich schade, denn es gibt, nachdem wir die Autobahnbrücke unterquert haben, einen schönen Uferwanderweg mit Badestellen. Ob die Hundebadestelle im Sommer die Menschen stört, ist momentan wegen nicht anwesender Vierbeiner nicht auszumachen. Wir kehren im Seeschloss Lanke ein und essen im schalldichten Wintergarten (1/2 Ente mit Klößen und Rotkohl, eine Portion, die nicht leicht zu bezwingen ist) sehr ordentlich und preiswert. Als Gratis-Zugabe können wir hören, wie ein gut proportioniertes junges Paar die Hochzeitsfeiermodalitäten mit dem hauseigenen Organisator aushandelt. Auf die Frage, ob die 25 geplanten Euro pro Person für Getränke ausreichen würden, gibt es die prompte Reaktion: „Ich kenne ja nicht Ihre Trinkgewohnheiten“. Nach der äußeren, vorurteilsbefrachteten Inaugenscheinnahme durch den Protokollanten, erscheint der Preis als um mehrere Zehnerstellen zu knapp kalkuliert. Mal eine etwas andere Art der Essensunterhaltung als immer nur André Rieu… Zweihundert Meter vom Restaurant entfernt befindet sich der örtliche Knotenpunkt für Buslinien aller Art. Als wir glücklich in einen sogleich ankommenden Bus, der uns ins 9 km entfernte Bernau bringen soll, einstiegen, haben wir die himmlische Eingebung, den Fahrer nach der Fahrdauer zu fragen, was er ehrlich mit „ca. eineinhalb Stunden“ beantwortet. Wir wissen nicht, ob der Bus über Warschau fährt, auf jeden Fall verlassen wir das Gefährt und warten lieber auf einen anderen Bus, der nur 20 Minuten zum S-Bahnhof Bernau braucht. Von dort sind wir mit der S-Bahn in gut 30 Minuten in der Stadtmitte.