Das hatten wir ja schon öfter: Dass der Wetterbericht auch in der 24-Stunden-Kurzzeitprognose mehr oder weniger daneben liegt. Diesmal zu unseren Gunsten. Statt der durchgehenden Bewölkung mit möglichen kleineren Schauern zeigt sich der Himmel von seiner freundlichen, blauen Seite. Leichter Wind, mäßige Temperaturen (mittags um 14 Grad), kurz gesagt idealstes Wanderwetter. Da wir für diese Etappe recht lange benötigen würden, hatten wir sie auf ein Datum nach der Zeitumstellung gelegt. Trotzdem schreiten wir von Leuenberg forschen Schrittes in den Gamengrund hinein, um erstmal zu kilometern. Wir gehen jeweils auf der Westseite der hintereinander liegenden Seen Langer See (25), Mittelsee (26) und Gamensee (27), an dem wir schon einmal vorbeikamen. Wenn wir nicht im Kreis gelaufen sind, handelt es sich aber um einen anderen, gleichnamigen See, doppelt hält besser. Behördliche Ausführungsvorschriften für die Benennung von Seen sind uns immer noch nicht bekannt.
Die Gaststätte, die sich auf dem Campingplatz am südlichen Ende des Mittelsees befindet, interessiert uns nach einer guten Stunde wandern noch nicht, wohl wissend, dass es im weiteren Verlauf der Strecke kaum noch Einkehrmöglichkeiten geben wird. Erschwernisse gibt es einige in Form von umgestürzten Bäumen, die, Opfer des vor ein paar Tagen wütenden Orkans, den Weg versperren. Manchmal kann man um die Wurzel herumlaufen, da die Bäume am recht steilen Hang stehen, geht das aber nicht immer. Dann heißt es drunter durch oder oben rüber – teilweise nicht ganz einfach und für die Ü-60-Wanderer schon grenzwertig. Der 93jährige Spaziergänger mit seiner jungen, über achtzigjährigen Frau, muss alsbald umkehren um irgendwo einzukehren. Nachdem wir den Gamensee hinter uns gelassen haben, geht es etliche Kilometer durch Wald und Flur mit den poetischen Namen Blumenthaler Wald und Hirschfelder Heide. Wie von Reschke vorgeschrieben (auf dieser Etappe gibt es kaum Schwierigkeiten durch von der Darstellung im Buch abweichende Realität), sehen wir uns natürlich den Gedenkstein von Widerstandskämpfern gegen die Nazi-Diktatur an.
Der Boden ist, von den Bäumen abgesehen, überall problemlos zu begehen, wir laufen weiter durch das Tal des Gamengrundes, um vor Wesendahl noch an einer moorartigen Senke und schließlich dem Paradiessee (28) und dem Kesselsee (29) vorbeizukommen. Die schöne Badestelle am Paradiessee lassen wir links liegen, weil wir als optimistisch veranlagte Menschen, eigentlich wider besseres Wissen, hoffen, dass eine der beiden Spitzmühlen-Gaststätten geöffnet hat. Diese erwarten uns südlich vom Fängersee (30) in einer kleinen Siedlung gelegen. Aber natürlich ist die „Alte Spitzmühle“ grundsätzlich und die „Neue Spitzmühle“ noch geschlossen, sodass wir unseren in weiser Vorahnung bzw. dank gründlicher Recherche mitgebrachten Proviant an einem wunderschönen Rastplatz am Bötzsee (31) verzehren. Als der schlimmste Hungerast abgesägt ist, marschieren wir noch ein Weilchen am Bötzsee entlang, ehe wir scharf nach links abbiegen, genau der Beschreibung mit den Strommasten folgend. Wenn die mal verlegt werden… Die letzten drei Kilometer geht’s durch den Wald (Spitzheide). Während sich am Beginn des Waldwegs die frischen Wegmarkierungen (blauer Punkt) an jedem zweiten Baum befinden, schon fast das Landschaftsbild stören, verliert sich der Weg nach dem Überqueren einer Straße beinahe im Unterholz, hier gibt es mit Sicherheit nicht viele Wanderer und auch keine Markierungen mehr. Das eine bedingt sicher das andere, wie es im Leben halt immer so ist. Trotzdem sehen wir nach geraumer Zeit hinter der in der Karte nicht eingezeichneten, stark befahrenen, Uferstraße den Straussee (32), den wir mit der halbstündlich verkehrenden Elektrofähre überqueren. Eine Schlaufe (Stromabnehmer) läuft um ein über dem See gespannten Drahtseil! Kein Dieselgestank! Bei Gewitter (und Regen?) jedoch kein Fährbetrieb. Reißen sollte die Stromleitung aber nicht. Fünf Meter hohe Wellen, die einen Kurzschluss verursachen könnten, erscheinen ausgeschlossen. Sehr innovativ, obwohl schon seit Jahrzehnten in Betrieb. Funktioniert natürlich nur wegen der relativ geringen Fährstrecke. Ein kilometerlanges Kabel wäre nicht vorstellbar. So: Wieder wat jelernt.
Ein Bier im nahe gelegenen Restaurant „Zur Fähre“ rundet den wunderbaren Wandertag zünftig ab, bevor wie bequem mit der S-Bahn (fährt von Strausberg-Stadt allerdings nur alle vierzig Minuten) Richtung Berlin fahren.