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17. Etappe von Wendisch-Rietz nach Neuendorf am See am 18.7.2016 (ca. 19,5 km)

Sommerwanderung heißt frühes Aufstehen. Den halbwegs frischen Morgen muss man genießen, der Vormittag wird noch warm genug und der Nachmittag quält einen sowieso mit seiner erschöpfenden Hitze. Um 9.11 Uhr in Wendisch-Rietz losmarschieren heißt für die Stahnsdorfer oder Lichterfelder Wanderer gegen sechs Uhr (oder sogar davor) aufzustehen, um die Bahnverbindungen pünktlich abzuarbeiten. Nach einem weniger schönen Kilometer neben der Straße biegen wir nach rechts zum Kleinen Glubigsee (46) ab und sehen vom Aussichtspunkt über den See auf das am westlichen Ufer gelegene Fischrestaurant. Wenn die Mücken nicht stören, sicher ein schöner Ort zum abendlichen Genießen. Jetzt wird aber nicht genossen, sondern ca. 10 Kilometer nach Süden gewandert und an etlichen Seen vorbeigegangen, was ja auch der tiefere Sinn der gesamten Übung ist. Nach dem kleinen folgt unweigerlich der Große Glubigsee (47)  und anschließend der Springsee (48), der seinen Namen einer Quelle verdankt, die aus den Tiefen der Behrendorfer Heide kommt (Heide in Brandenburg = Wald, wie man vom Wissenden gelernt hat und auch nicht mehr vergisst) und sich in den See ergießt. Am Südufer des Sees kann man ab 11 Uhr im Imbiss „Zur Quelle“ einen Kaffee für einen Euro verzehren oder das erste Bier des Tages für sonderbare 88 Cent. Entweder entspringt die Kalkulation dem Hirn eines Dyskalkulieres oder dem eines Alkoholikers. Nach der bierfreien Stärkung wandern wir weiter zum Großen Melangsee (49), nachdem wir um ein Naturschutzgebiet herumgewandert sind.

 XVII-18.7.16-8-Kleiner Melangsee

                                                                         Kleiner Melangsee

Vom Ostufer schwenken wir jetzt auf das Westufer der Seenkette und der See mit der Nr. (50) hat keinen offiziellen Namen, die Bezeichnung Karpfenteich scheint am besten zu passen, kleiner Melangsee, Kleiner Grubensee oder Kleiner Tiefer See sind andere Bezeichnungen. Vielleicht sollte die Obrigkeit hier mal ein Machtwort sprechen, obwohl ein bisschen Anarchie in der sonst so korrekten Geografie auch mal ganz schön ist. Durch ein kurzes Stück Wald geht es zum Tiefen See oder Grubensee (51), der still hinter einem breiten Schilfgürtel daliegt. Noch ein paar Meter nach Süden und ab dann ist die Hauptrichtung bis zum Brandenburger Tor in Potsdam Westen. Am Godnasee (52) legt die halbe Wandergruppe ein kurzes Schwimmviertelstündchen ein, bevor wir durch die Kienheide gehen und alsbald die Nordspitze des Neuendorfer Sees (53) erreichen. Anfangs führt der Weg in Ufernähe auf der Westseite um den See herum, nach zwei Kilometern stoßen wir auf die kaum befahrene Straße, die wir bis Neuendorf City entlang marschieren. An der Bushaltestelle „Neuendorf am See“, die uns zeigt, dass wir uns kurz vor dem Ende der Welt befinden, weil es sie nur auf einer Straßenseite gibt, warten wir auf den Bus. Er bringt uns nach Lübben, von wo aus wir die Bahn nach Berlin nehmen, die stündlich fährt.

16. Etappe von Storkow nach Wendisch-Rietz am 2.5.2016 (ca. 14 km)

Die Anfahrt zu unseren 66-Seen-Wanderungen gestaltet sich zunehmend aufwändiger, je weiter wir in den Südosten vordringen. Aber auf verschiedenen Wegen gelangen alle auf den Bahnsteig 3 von KönigsWusterhausen, bis auf den Wissenden, der leider einen Anschluss verpasste, was ihn zum Nachsitzen, bzw. –laufen der kurzen Strecke verpflichtet. Da er diesen Weg in früheren Zeiten aber sicher schon mehr als einmal zurückgelegt hat, wird er von der Strafarbeit großzügig freigestellt.

Um 10 Uhr beginnt die Wanderung bei schönstem Wetter am Bahnhof Storkow. Da wir aus verschiedenen Gründen auf diese Vormittagsetappe geeinigt hatten, haben wir Zeit und können statt an der lauten Hauptstraße durch Storkows Stadtzentrum laufen. Es ist Markttag, alles macht im Sonnenschein einen sehr idyllischen Eindruck, die Nazis, sofern es sie hier gibt, schlafen noch ihre Räusche aus. Wir gehen an der verschlossenen Kirche vorbei, kaufen ein Eis und verlassen die Straße hinter der Klappbrücke, alles sehr mutig uns auf den Orientierungssinn verlassend, ohne den blauen Punkt.

Diesen finden wir aber alsbald, wie bei Reschke beschrieben, hinter dem Schwimmbad am Nordostufer des Großen Storkower Sees, bzw. Dolgensees (45). Der Weg ist einfach zu finden und zu wandern, mal laufen wir durch offenes Gelände, mal durch vom ersten frischen Grün geschaffenen halbschattigen Wald. Rechter Hand ist der See oft zu sehen, teilweise nur zu ahnen. Eine für uns unsichtbare Kranichkolonie schreit plötzlich so laut, dass wir an quietschende Maschinenteile in einer Fabrik denken müssen. In Dahmsdorf legen wir an der alten, gerade frisch renovierten Dorfkirche eine kurze Rast ein. Die Kirche ist überraschenderweise geöffnet, sodass wir uns das schlichte, aber doch (oder gerade deshalb) beeindruckende Kleinod von innen ansehen können.

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Wir verlassen Dahmsdorf und gehen abwärts, also dem See entgegen. Einen Kilometer geht es jetzt in Ufernähe weiter, dann kreuzen wir das Wendisch-Rietzer Fließ um schließlich im Ort Richtung Hafen von der Hauptstraße abzubiegen. Es geht vorbei an neuen Ferienhäusern, die auf ihre erste Saison warten. Das Restaurant öffnet aus technischen Gründen erst um 16 Uhr, die gegenüberliegende Pizzeria hat Ruhetag. Also belassen wir es bei einem Imbiss im Bootsverleih am Scharmützelsee. Schöner Garten, leider im doch recht kühlen Schatten. Der Mann mit dem Rasentrimmer beendet glücklicherweise bald seine Arbeit, so dass wir die Ruhe bei Pommes, Bratwurst und ähnlichen Köstlichkeiten genießen können. Rechtzeitig, d.h. mehr als eine halbe Stunde vor Zugabfahrt, machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof, um über KönigsWusterhausen wieder in die Stadt zu fahren.

15. Etappe von Bad Saarow nach Storkow am 29.2.2016 (ca.17 km)

Rückkehr an altbekannte Orte: Immer ein schönes, heimatliches Gefühl. Wir gehen vom Bahnhof Bad Saarow, als wäre es unser alter Schulweg aus Kindheitstagen, zum Seeufer und beginnen unsere Wanderung. Wir könnten am Ufer des Scharmützelsees, vorbei am der riesigen Ferienanlage, nach Wendisch-Rietz marschieren, der Wanderführer von Manfred Reschke schreibt uns aber vor, am Fontanepark alsbald nach rechts in unbekanntes Gelände vorzudringen. Beim Lesen der folgenden Wegbeschreibung überkam mich schon zuhause ein ungutes Gefühl, was sich vor Ort als durchaus berechtigt herausstellte. Es ist von einem „Abenteuerpfad“ und „Urwald“ die Rede. Kurz und gut: Vom blauen Punkt ist an einigen Stellen nichts mehr zu sehen und die Groborientierung nach der Sonne angesichts der Wolken nicht möglich. Hier könnte unsere Wanderung nach drei Fünfteln der Strecke unrühmlich beendet sein, wenn zwei Mitwanderer nicht spät, aber nicht zu spät, auf die Idee gekommen wären, die GPS-Funktion ihres Smartphones zwecks Standortbestimmung zu aktivieren. Auf diese Weise finden wir den riesigen Bad Saarower Friedhof mit seinem Ehrenhain für KZ-Insassen, der im Wanderführer nicht erwähnt wird. Nachdem wir das beschriebene Wasserreservoir in der Nähe des Öko-Bauernhofes „Marienhöhe“ erblicken, sind wir wieder auf der richtigen Route, die bis zum Ende gut ausgeschildert und leicht zu finden ist.

Wir kommen bald zum Großen Kolpiner See (43), den wir halb umrunden. Die Gastronomie auf dem Strandbadgelände hat im Winterhalbjahr selbstverständlich geschlossen. Wir wandern weiter nach Kolpin, vergleichen das Bild der alten Post im Wanderführer mit der heutigen Situation: Keine Post mehr, kein Briefkasten aber der Putz nicht mehr grau, sondern hellgelb und das Relief mit der Postkutsche wider Erwarten nicht abgeklopft, sondern restauriert. Man staunt! „Irreführende Markierungen“, wie im Buch erwähnt, können wir nicht finden. Wir verlassen Kolpin am Kleinen Kolpiner See (44) vorbeilaufend und finden den Weg, der geradeaus Richtung Süden nach Reichenwalde führt. Das Restaurant hat Montag Ruhetag. War eigentlich klar. Deshalb geht es jetzt weiter nach Westen, und da das Freizeit- und Jugendzentrum Hirschluch auf den Hinweistafeln angekündigt wird, beschließen wir, die dortige Gastronomie zu probieren.

Unter Gastronomie darf man sich nun kein Restaurant mit Speisekarte vorstellen, sondern die Vorstellung vom Speisesaal einer Jugendherberge trifft die Gegebenheiten vor Ort besser. Wir kommen genau zur Mittagszeit und beeilen uns, um vor der hungrigen westdeutschen Jugendgruppe, die gerade mit dem Bus eintrifft, an den Futtertrögen zu sein. Bei den Christen wird natürlich kein hungriger Wanderer abgewiesen, so dass wir uns am Salatbuffet bedienen können, der Fisch mit den Kartoffeln wird sogar am Tisch serviert, ebenso wie der Joghurt-Nachtisch und Getränke kann man sich selber zapfen (kein Bier, natürlich nicht!). Keine Gourmetveranstaltung, aber die gab es auf der Wanderung auch für mehr als sechs Euro pro Person nicht.

Gestärkt erklimmen wir die direkt an das Hirschluch-Gelände angrenzende Große Binnendüne. Unklar, warum neuerdings behauptet wird, dass Sand angeblich knapp wird. Wer die Düne erstiegen hat, weiß es besser.

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                   Große Binnendüne

Die Bauindustrie sollte aber lieber die Finger von der Düne lassen: Alles steht unter Naturschutz. Nach dem Abstieg verlassen wir die Wanderroute, streifen den Großen Storkower See (45) und gehen neben der stark befahrenen Bundesstraße zum Bahnhof von Storkow. Dort gibt es zwar eine Aufsicht, die rechtzeitig den Gleisübergang mit einer Kette versperrt, aber keinen Fahrkartenautomaten. Da auch der Zug nicht über einen solchen verfügt und ein Schaffner nicht eingeplant ist, müssen wir uns die Beförderung erzwungenermaßen erschleichen, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt. Ab Königs Wusterhausen dürfen wir aber für den Rest der Strecke ein bescheidenes Entgelt verrichten, um unser schlechtes Gewissen zu beruhigen. War `ne schöne Wanderung jewesn!

Montag, 9.11.2015 von Fürstenwalde/Spree nach Bad Saarow (ca. 16 km)

Auf stattliche acht Personen ist unsere Wandergruppe inzwischen angewachsen, die letzten beiden erreichen den Zug am Bahnhof Friedrichstraße mit Müh und Not… Um 9 Uhr 06 starten wir am Bahnhof in Füwa, wie es von Insidern genannt wird, und gehen noch kurz durch die Innenstadt, um zu unserer Wanderroute zu gelangen. Dass 80% der Bebauung im 2. Weltkrieg zerstört wurden, merkt man, obwohl nach der Wende größere Baulücken durch ein (wie überall) architektonisch bescheidenes Einkaufscenter und allerlei andere nicht erwähnenswerte Baukörper geschlossen wurden. Der Dom ist kurz vor zehn noch verschlossen, öffnet sich aber sogleich und wir werden außerhalb der Öffnungszeit zur Besichtigung eingelassen. Geht doch. Von so viel spontaner Geste überrascht, sehen wir uns das nach der fast völligen Zerstörung wieder aufgebaute Gotteshaus an. Die halben bis dreiviertel Säulen wurden stehen gelassen, obwohl sie das moderne Dach nicht mehr tragen müssen. Für die kleine Gemeinde ist ein Raum im Raum, mit Glaswänden abgeteilt, geschaffen worden. Ein sehr gelungenes Stück Restaurierung.

DSC02875z                                                                       Dom in Fürstenwalde

Nach Ansicht von Zilles Hochzeitshaus und einigen Informationen über das segensreiche Wirken der Stasi in den späten 80-er Jahren, überqueren wir die Spree auf der Stadtbrücke und marschieren ohne Gleichschritt in Richtung Rauen. Es geht nach Südwesten aus Fürstenwalde hinaus durch Straßen mit Einfamilienhäusern. Wir bewundern die unendliche Vielfalt der Zäune, die aus der DDR-Zeit stammen. Da soll noch mal einer was von der Gleichmacherei des Sozialismus schwätzen. Zumindest was Gartenzäune angeht, war die sozialistische Zeit ein Hort des Individualismus. Das unselige Wirken von Baumarktketten lag noch in weiter Ferne…Wir müssen auf nicht allzu attraktiver Strecke auf der Straße laufen, bis wir kurz vor Rauen an eine Abzweigung, die unter der Autobahn hindurchführt, mit dem bekannten blauen Punkt gelangen. Wir gehen aber geradeaus, denn wir hoffen optimistischer Weise, dass wir im Ort auf eine Nahrungsquelle stoßen werden, obwohl erstens November, zweitens Montag und drittens sowieso nichts los ist. Tatsächlich hat das Restaurant in der Nähe der sehenswerten Feldsteinkirche erst ab Mittwoch, 16 Uhr geöffnet und zweieinhalb Tage Wartezeit empfinden wir ohne weitere Diskussion als etwas zu lang. Auch unsere Hoffnung, das Eiscafé „Oase“ würde uns kalorienmäßig helfen, erweist sich als trügerisch. Erst im nächsten Frühling geht’s hier weiter. Da erscheint die Wartezeit bis Mittwoch schon wieder in einem freundlicherem Licht. Aber es gibt ja noch die gute alte Landbäckerei, und die hat geöffnet und bietet außer frischem Bohnenkaffee selbstgebackenen Kuchen zu Vorkriegspreisen, oder sagen wir besser zu Vorwendezeitpreisen, an. 50 Cent für ein Stück guten Streußelkuchen sind wahrlich nicht überteuert!

DSC02881z                                                                      Landbäckerei in Rauen

Jetzt können wir uns dorfauswärts unter der Autobahn hindurch den Rauener Bergen zuwenden. Die Beschreibung im Buch ist etwas verwirrend, weil es viele Varianten gibt. Wir richten uns einfach nach dem blauen Punkt, bzw. den vielen Hinweistafeln, die uns sicher zu den Markgrafensteinen führen. Dass die Schale, die vor Schinkels Altem Museum im Lustgarten liegt, aus dem großen Markgrafenstein gefertigt wurde, ist ja allgemein bekannt. Spezialkenntnis vermittelt uns der Wissende, indem er uns erklärt, dass auch die Säule auf dem früheren Belle-Alliance-Platz, dem heutigen Mehring-Platz, aus dem „Abfall“ des Schalenmaterials gefertigt wurde.

Wir wandern bei herrlichem Sonnenschein zum Sendeturm und weiter zum neu erbauten Aussichtsturm, der im Reschke-Buch noch nicht erwähnt werden konnte. Ein Erklimmen der 36 m hohen Aussichtsplattform ist in jedem Fall empfehlenswert, wenn man nicht unter Höhenangst leidet, da der Turm ein Metallfachwerkbau ist, der dem Blick in die Tiefe nichts entgegensetzt. Dass er bei Windstärke 3 bis 4 ordentlich schwankt, wird jeder Ingenieur beruhigend erklären können, verursacht aber trotzdem bei dem einen oder anderen ein leicht mulmiges Gefühl im Magen. Einen Euro kostet der Spaß, eigentlich pro Person, es passen aber auch jeweils zwei schlanke Menschen in die Drehkreuzsperre (Rucksack wie in der U-Bahn: Bitte abnehmen!). Die Aussicht ist großartig, man ahnt den Fernsehturm, sieht den Scharmützelsee im Gegenlicht glänzen und ansonsten ganz viel herbstlich-bunten Wald.

DSC02890z                                                                              Aussichtsturm

Nachdem wir mit 150 m den höchsten Punkt der 66-Seen-Wanderung erreicht haben, geht es jetzt immer abwärts zum Petersdorfer See (41). Weil Montag ist, haben die Cafés und Restaurants natürlich geschlossen, was uns nicht stört, wir sind schon ganz auf das Tagesziel, den Scharmützelsee, fixiert. Der Weg verläuft anfangs neben der recht stark befahrenen Straße, bis er halbrechts abzweigt und schließlich auf eine große Wiese trifft. Wir laufen nun auf dem Bad Saarower Max-Schmeling-Rundweg. Das ehemalige Haus des Boxweltmeisters sehen wir am anderen Ende der Wiese, während wir dem „Märkischen Meer“ entgegenwandern. Wir suchen nicht lange, sondern steuern auf das einigen Mitwanderern bekannte Restaurant des Theaters zu. Auf der Terrasse stehen noch Stühle mit Decken, so dass wir uns tatsächlich noch draußen, mit unverstelltem Blick auf den Scharmützelsee (42), niederlassen können. Die Bedienung ist nett, Speisen und Getränke nicht billig aber gut (Fischsuppe bekommt einige Sterne weniger) und die Sonne versteckt sich alsbald hinter Wolken. Weil wir den nächsten der stündlich fahrenden Züge erreichen wollen und es recht kühl geworden ist, brechen wir Richtung Bahnhof auf, der näher als erwartet ist, so dass wir doch noch ein Weilchen auf die Bahn warten müssen. Aber: Anders als vorhergesagt, regnet es ja nicht. Eine glatte Stunde Fahrzeit bis Friedrichstraße (umsteigen mit direktem Anschluss in Fürstenwalde) vergeht schnell.

13. Etappe, Montag, 28.9.2015 Fangschleuse bis Fürstenwalde (ca. 21 km)

Sechs Wanderfreunde und der Regionalexpress der Deutschen Bahn sind pünktlich um 8.58 Uhr am Bahnhof Fangschleuse. Die Outdoorjacken werden bei strahlendblauem Himmel aber noch herbstlicher Kühle übergezogen. Vom Bahnhof aus marschieren wir nach Norden, bis wir die Brücke über die Löcknitz passiert haben und schlagen uns dann ostwärts, also nach rechts, in den Wald. Manchmal sieht man rechter Hand das Flüsschen durch die Bäume schimmern, aus Wiesen steigt Nebel wunderbar auf. Erstes Ziel ist die sogenannte Fontanekiefer. Jede Kiefer auf den folgenden zwei Kilometern wird als solche begrüßt, bis wirklich ein Schild auf eben diese hinweist. Unklar, warum die Bezeichnung Fontanekiefer gewählt wurde. Der Wissende behauptet, dass Fontane hier bestimmt nicht lang gewandert ist, weil er, entgegen seiner Behauptung im Buchtitel, nicht gewandert ist, sondern sich stets mit Hilfe von Kutschen oder sonstigen Gefährten fortbewegt hat. Und fahren kann man hier nicht. Der Weg ist einfach, wir müssen nur geradeaus durch den Wald wandern. Verlaufen nicht möglich, da der blaue Punkt uns immer wieder bestätigt, dass wir in der richtigen Spur sind. Kurz nach 11 Uhr sind wir in Hangelsberg und können uns nicht verkneifen beim eben seine Pforten öffnenden „Hangelwirt“ einzukehren. Für Wildschweinbraten mit Rotkohl und „Klöße“ für 14,50 € ist es definitiv noch zu früh, also ordern wir Kaffee und Kuchen und hören vom Wirt, dass hier der 66-Seen-Wanderweg erfunden und im Beisein der Herren Reschke und Platzeck eröffnet wurde. Nur wenig beklagt er sich über die 196 Züge, die in 24 Stunden planmäßig auf dem 50 m entfernten Gleis vorüberrauschen. Wer in Berlin an einer Hauptverkehrsstraße oder gar der Stadtautobahn wohnen muss, ist schlimmeres gewöhnt. In Hangelsberg verlieren wir anfangs ein wenig die Orientierung, die Buchzeile „…über die Hauptstraße hinweg durch das Siedlungsgebiet“ (S. 150) soll einen halbstündigen Weg durch das sich hinziehende Hangelsberg darstellen. Am Ostende des Ortes wissen wir wieder, wo wir sind und schlagen uns durch eine Schilfspur am Spreeufer. Nach kurzer Zeit öffnet sich die Wiesenlandschaft und wir sehen nur noch grün und blau mit weißen Flecken. Einer der schönsten Panoramablicke der bisherigen 200 km! Das traumhafte Licht des späten Septembers sorgt für diese fast unwirkliche Atmosphäre.

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Nachdem wir eine Weile direkt am Spreeufer entlanggelaufen sind, werden wir vor einem „unpassierbaren Sumpfgebiet“, das „tückisch und gefährlich wird“ (S. 152) gewarnt. Wir ziehen uns, von der drastischen Wortwahl eingeschüchtert, vorsichtshalber auf den angekündigten Radweg (Spreeradweg) zurück. Der Klügere gibt nach und klüger als ein Sumpf sind wir hoffentlich, auch wenn es eigentlich im Wesen eines Sumpfes liegt nachzugeben. Leider kommen wir auf den verbleibenden vier, fünf Kilometern nicht mehr ans Spreeufer zurück, auch wenn uns das im Buch versprochen wird und auf der Karte (S. 149) so aussieht. Immerhin wandern wir so bequem auf dem asphaltierten Weg, bis wir kurz vor Fürstenwalde über eine Brücke, die einen Seitenarm der Spree überquert, gehen. Es handelt sich um die sogenannte Pintsch-Brücke, der Seitenarm war früher der Hafen der Firma. Nach den Eheleuten Oskar und Helene Pintsch ist, wie der Wissende uns erklärt, das gleichnamige Berliner Krankenhaus benannt worden, welches von der wohlhabenden Familie gegründet und finanziert wurde. Wir gehen noch ein paar hundert Meter den ausgeschilderten Weg zum Bahnhof entlang (kein blauer Punkt) und machen uns, nachdem wir uns vorher im Imbiss gestärkt haben, mit der Regionalbahn auf den schnellen Rückweg nach Berlin.

12. Etappe, Montag, 10.8.2015: Rüdersdorf – Fangschleuse (ca. 17 km)

Soll man bei Hitze auf Wanderschaft gehen und wenn ja, was heißt hier Hitze? Als die Wettervorhersage die Höchsttemperatur von 35 auf 31 Grad zurückstuft, entschließen wir uns, den Wetterunbilden zu trotzen und vorsichtshalber eine halbe Stunde früher loszumarschieren. Mit der schönen alten Straßenbahn nach Rüdersdorf zum Ausgangspunkt der letzten Etappe gefahren, nicht den kurzen Weg durch die Stadt genommen, sondern den Umweg um den Kesselsee (37) herum, sonst fehlt uns am Ende ein See an der Zahl 66 und wir müssen alles noch mal machen. Außerdem sehen wir auf diesem Weg in den riesigen, sehr eindrucksvollen Tagebau des (ehemaligen) Kalkwerks hinein. Wer zu DDR-Zeiten Richtung Seelow fuhr, erinnert sich sicher noch daran, dass der VEB Zementwerk Rüdersdorf die Bevölkerung der umliegenden Ortschaften mit kostenlosen Kalkgaben für den täglichen Bedarf beglückte und die Landschaft das ganze Jahr über mit vorweihnachtlichem Weiß überhauchte. Wieder eine Errungenschaft des Sozialismus, die mit dem Beitritt der DDR in die BRD alsbald abgeschafft wurde.

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Nachdem wir die Autobahn unterquert haben, kommen wir zum Kalksee (38), an dessen schattigem Ostufer wir voranschreiten. In Woltersdorf, am Südende des Sees, sehen wir die versiegte Liebesquelle und könnten, aus Enttäuschung darüber, einkehren, worauf wir aber verzichten. Auch den Weg hinauf zum Kranichsberg mit seinem Aussichtsturm lassen wir wegen der später zu erwartenden Hitze lieber aus und merken ihn uns als Ausflugsziel für den Herbst vor. Am Flakensee (39) können wir aber auf eine kurze Abkühlung im sauberen Seewasser nicht verzichten. Da Schwimmen hungrig macht, wollen wir im „Löcknitzidyll“ einkehren, müssen aber über die Straße gehen und uns beim Mexikaner (der, wie ein Gespräch ergibt, aus dem Libanon stammt) niederlassen, da das Löcknitzidyll geschlossen ist (offiziell: „Renovierungsarbeiten“, inoffiziell: Abriss und Neubau). Keine Soljanka, eigentlich doch ein ursprünglich aus Mexiko stammendes Gericht, im Angebot. Schade.

Wir wandern jetzt nach Westen, am Wupatzsee (40) vorbei und kommen, obwohl wir die Beschreibung der vielen Brücken bei Reschke (S. 139/140) nicht immer nachvollziehen können, zum Tal der Löcknitz, die durch schattigen Wald vor sich hin mäandert. Bald sehen wir den kleinen Fluss nicht mehr und weil wir die Bahn um 15 Uhr erreichen wollen (es ist jetzt doch richtig heiß geworden und unsere Wasservorräte nähern sich dem Ende), legen wir einen Zahn auf dem nun breiten, nicht sehr romantischen Forstweg zu. Die beschriebene „liebliche, stille Auenlandschaft mit Wiesen und Birken“ (S. 140) können wir beim besten Willen nicht erkennen. Wir kommen zum Glück kurz vor Eintreffen der Regionalbahn 1 auf dem Bahnhof Fangschleuse an, denn die angekündigte Bahnhofsgaststätte mit schönem Biergarten, in der wir notfalls ein Stündchen überbrückt hätten, hat natürlich geschlossen…

11. Etappe, Montag, 8.6.2015, Strausberg – Rüdersdorf (ca. 23 km)

Strausberg, Strausberg Stadt, Strausberg Nord: Da kann man schon mal durcheinanderkommen. Obwohl die letzte Etappe am S-Bahnhof Strausberg Stadt endete, wollen zwei Wanderfreunde, die im vorderen Zugteil reisen, schon in Strausberg aussteigen, was der Schulfreund durch intuitives Hinaussehen bemerkt und durch lautes Rufen aus der Tür zu verhindern weiß. Also können wir uns bei optimalem Wanderwetter in Strausberg (Stadt), jedoch nicht ohne Kaffee und Kuchen to go erworben zu haben, auf den Weg machen. Wir spazieren zu viert (ein Neuwanderer ist dabei) am Ostufer des Straussees Richtung Süden an der historischen Badeanstalt vorbei. Zwei Bade- bzw. Schwimmmeister harken wie Zen-Buddhisten mit dem Rasenbesen parallele Linien in den Sand, weil die Gäste am frischen Montagmorgen noch ausbleiben. Die Wegbeschreibung ist gut und die vielen neuen blauen Hinweispunkte strahlen mit dem Himmel um die Wette. Wir laufen durch Vorortstraßen und überqueren ein Bahngleis, suchen aber vergeblich das in Text und Karte angezeigte, nur 50 m entfernte zweite Gleis und finden es nicht! Welches Veränderungspotenzial muss ein Bundesland haben, in dem sich ganze Bahnstrecken in Luft auflösen! Wir wollen uns aber nicht den schönen Tag versauen und verdrängen das Problem, auch weil es genügend blaue Punkte gibt, denen wir folgen können. Das sklavische Festhalten an Vorschriften, Gebrauchsanleitungen oder Routenbeschreibungen lernt man auf der 66-Seen-Wanderung häufig zu ignorieren. Da bleibt was für’s Leben.
Wir gehen durch die Rehfelder Heide (Heide = Wald) und nähern uns dem Herrensee (33) an. Leider können wir den Ausblick nicht genießen, weil die Mücken in den letzten warmen Tagen, dort wo es Feuchtigkeit gibt, und die gibt es in diesem Sumpfgebiet durchaus, ihre Chance auf Fortpflanzung wie die Wahnsinnigen genutzt haben und sich jetzt blutrünstig auf uns stürzen: Der Sommer ist in Seenähe nur bedingt Wanderzeit.
Wir unterqueren bald die S-Bahn vor dem Bahnhof Hegermühle und kommen zur alten Wassermühle am Annafließ, das uns von nun an lange in verschiedenen Aggregatzuständen (flüssig oder nicht da) begleiten wird. Der winzige Schwanensee (34) (in der Übersichtskarte treffender als „Schwanenteich“ bezeichnet) riecht faulig, er scheint mangels Zufluss am Umkippen zu sein. Herr Reschke schreibt (S. 131): „Hier achten wir auf die Markierungen…“ Das tun wir bereits, mit meist großem Erfolg, seit ca. 175 Kilometern. Die 2010 geplante gerade Weiterführung gibt es wohl nicht, wegen einer Baustelle müssen wir aber sowieso den alten Weg parallel zur Bahnstrecke Richtung Osten gehen, nachdem wir das Annafließ wieder einmal treppab, treppauf durchquert haben. Reschkes Kommentar (S. 131): „ Die folgende Wegstrecke ist sicher markiert, eine Beschreibung nicht erforderlich.“ Dann hätte er sich aber dreiviertel des Buches sparen können, was auch wieder schade gewesen wäre. Der Protokollant sinnt einige Zeit über die Bedeutung des Wortes „sicher“ nach, ob es im Sinne von „wahrscheinlich“, „sicherlich“ oder im Sinne von „ungefährlich“, „nicht zu verwechseln“ gemeint sein könnte. Ohne Ergebnis, aber die Wanderzeit vergeht dabei gleich schneller…
Die Kurve, die der Weg bald nach Südwesten macht, liegt auf dem Damm einer ehemaligen Bahntrasse, links und rechts geht es einige Meter abwärts. Der Blick vom Rastplatz ins Annatal bzw. über die “Langen Dammwiesen“ ist malerisch und erinnert an die Aussicht von den Seelower Höhen. Wir nutzen den mückenfreien Platz zu einer Stärkung, erreichen aber nach kurzer Zeit das geöffnete Tor der Mühle Lemke mit seinem Hofladen. Die vorherige Kalorienzufuhr war nicht so intensiv, dass nicht noch ein Softeis, Blechkuchen oder zwei Würstchen zu verkraften wären. Dazu gibt es warme Getränke (Kaffee, Radler…), mehrere sprechende Papageien und den Müller, der uns leicht verbittert die Welt zu erklären versucht. Glücklicherweise wird er dabei nach einigen zäh dahin fließenden Minuten von einem Papagei unterbrochen, der so laut wie eine Feuerwehrsirene zu schreien beginnt. Der Müller beruhigt den Vogel daraufhin, was ihm besser gelingt als seine leicht konfusen Welterklärungs- und Ernährungstheorien. Wir wandern dann am Kleinen Stienitzsee (35) vorbei, bevor wir Hennickendorf erreichen, dessen ehemals einzige Gaststätte, das Deutsche Haus, offensichtlich geschlossen hat. Dies haben wir nach häufigem, vergeblichem Versuch telefonischer Kontaktaufnahme schon vermutet. Immerhin wirkt der Ort nicht völlig ausgestorben, einige Schüler lümmeln vor dem Eissalon gegenüber vom Deutschen Haus herum. Müssten die nicht in der Schule sein? Nach kurzer Irritation finden wir den Weg hinunter zum Großen Stienitzsee (36), wo uns ein schöner Weg, teilweise wegen des sumpfigen Untergrundes auf Planken gebaut, am Nordostufer des Sees entlangführt, bis wir, zum wievielten Male eigentlich, wieder das Annafließ, das in den See mündet, überqueren. Der Blick auf den See ist wegen der dicht belaubten Büsche, Sträucher und Bäume nur noch selten möglich. Manchmal sieht man durch das Dickicht hohe Schornsteine, wahrscheinlich vom früheren Kalkwerk. Wir kommen nach Tasdorf, wo wir die Bundesstraße 1 (nicht, wie im Text erwähnt, die B2) überqueren, und zwar ungezogenerweise und entgegen dem ausdrücklichen Rat von Herrn Reschke, nicht an der Ampel, sondern direkt. Das geht, wenn man nicht nervös wird, nach kurzer Wartezeit, wenn die Ampel rechts auf Rot geschaltet hat und von links ausnahmsweise kein 40-Tonner um die schwer einsehbare Kurve rast. Mit Rollatorgeschwindigkeit nicht zu empfehlen, von rüstigen Rentnern durchaus machbar. Der stimmigen Beschreibung folgend erreichen wir bald Rüdersdorf und überqueren das Mühlenfließ gleich mehrfach, bevor wir im Ort die Haltestelle der Straßenbahn 88 anpeilen. Das Durcharbeiten der etwas komplizierten Wegbeschreibung (S. 134) ersparen wir uns, indem wir einen offensichtlich Einheimischen (Jogginghose, Schäferhund) nach dem kürzesten Weg fragen. „Immer geradeaus und dann am Kreisverkehr…“ Da uns die historische Straßenbahn entgegenkommt, müssen wir mit einer langweiligen neuen Bahn, die uns nach Friedrichshagen bringt, vorlieb nehmen. Um an die Haltestelle zu gelangen, muss man aber direkt hinter einer für die Autofahrer nicht einsehbaren Kurve eine Hauptstraße überqueren, weil der Bürgersteig endet. Wer für dieses Russische Roulette verantwortlich ist, soll noch erkundet werden. Hoffentlich gibt’s bis dahin nur wenige Tote!

10. Etappe, 9.4.2015 von Leuenberg nach Strausberg (25 km)

Das hatten wir ja schon öfter: Dass der Wetterbericht auch in der 24-Stunden-Kurzzeitprognose mehr oder weniger daneben liegt. Diesmal zu unseren Gunsten. Statt der durchgehenden Bewölkung mit möglichen kleineren Schauern zeigt sich der Himmel von seiner freundlichen, blauen Seite. Leichter Wind, mäßige Temperaturen (mittags um 14 Grad), kurz gesagt idealstes Wanderwetter. Da wir für diese Etappe recht lange benötigen würden, hatten wir sie auf ein Datum nach der Zeitumstellung gelegt. Trotzdem schreiten wir von Leuenberg forschen Schrittes in den Gamengrund hinein, um erstmal zu kilometern. Wir gehen jeweils auf der Westseite der hintereinander liegenden Seen Langer See (25), Mittelsee (26) und Gamensee (27), an dem wir schon einmal vorbeikamen. Wenn wir nicht im Kreis gelaufen sind, handelt es sich aber um einen anderen, gleichnamigen See, doppelt hält besser. Behördliche Ausführungsvorschriften für die Benennung von Seen sind uns immer noch nicht bekannt.
Die Gaststätte, die sich auf dem Campingplatz am südlichen Ende des Mittelsees befindet, interessiert uns nach einer guten Stunde wandern noch nicht, wohl wissend, dass es im weiteren Verlauf der Strecke kaum noch Einkehrmöglichkeiten geben wird. Erschwernisse gibt es einige in Form von umgestürzten Bäumen, die, Opfer des vor ein paar Tagen wütenden Orkans, den Weg versperren. Manchmal kann man um die Wurzel herumlaufen, da die Bäume am recht steilen Hang stehen, geht das aber nicht immer. Dann heißt es drunter durch oder oben rüber – teilweise nicht ganz einfach und für die Ü-60-Wanderer schon grenzwertig. Der 93jährige Spaziergänger mit seiner jungen, über achtzigjährigen Frau, muss alsbald umkehren um irgendwo einzukehren. Nachdem wir den Gamensee hinter uns gelassen haben, geht es etliche Kilometer durch Wald und Flur mit den poetischen Namen Blumenthaler Wald und Hirschfelder Heide. Wie von Reschke vorgeschrieben (auf dieser Etappe gibt es kaum Schwierigkeiten durch von der Darstellung im Buch abweichende Realität), sehen wir uns natürlich den Gedenkstein von Widerstandskämpfern gegen die Nazi-Diktatur an.
Der Boden ist, von den Bäumen abgesehen, überall problemlos zu begehen, wir laufen weiter durch das Tal des Gamengrundes, um vor Wesendahl noch an einer moorartigen Senke und schließlich dem Paradiessee (28) und dem Kesselsee (29) vorbeizukommen. Die schöne Badestelle am Paradiessee lassen wir links liegen, weil wir als optimistisch veranlagte Menschen, eigentlich wider besseres Wissen, hoffen, dass eine der beiden Spitzmühlen-Gaststätten geöffnet hat. Diese erwarten uns südlich vom Fängersee (30) in einer kleinen Siedlung gelegen. Aber natürlich ist die „Alte Spitzmühle“ grundsätzlich und die „Neue Spitzmühle“ noch geschlossen, sodass wir unseren in weiser Vorahnung bzw. dank gründlicher Recherche mitgebrachten Proviant an einem wunderschönen Rastplatz am Bötzsee (31) verzehren. Als der schlimmste Hungerast abgesägt ist, marschieren wir noch ein Weilchen am Bötzsee entlang, ehe wir scharf nach links abbiegen, genau der Beschreibung mit den Strommasten folgend. Wenn die mal verlegt werden… Die letzten drei Kilometer geht’s durch den Wald (Spitzheide). Während sich am Beginn des Waldwegs die frischen Wegmarkierungen (blauer Punkt) an jedem zweiten Baum befinden, schon fast das Landschaftsbild stören, verliert sich der Weg nach dem Überqueren einer Straße beinahe im Unterholz, hier gibt es mit Sicherheit nicht viele Wanderer und auch keine Markierungen mehr. Das eine bedingt sicher das andere, wie es im Leben halt immer so ist. Trotzdem sehen wir nach geraumer Zeit hinter der in der Karte nicht eingezeichneten, stark befahrenen, Uferstraße den Straussee (32), den wir mit der halbstündlich verkehrenden Elektrofähre überqueren. Eine Schlaufe (Stromabnehmer) läuft um ein über dem See gespannten Drahtseil! Kein Dieselgestank! Bei Gewitter (und Regen?) jedoch kein Fährbetrieb. Reißen sollte die Stromleitung aber nicht. Fünf Meter hohe Wellen, die einen Kurzschluss verursachen könnten, erscheinen ausgeschlossen. Sehr innovativ, obwohl schon seit Jahrzehnten in Betrieb. Funktioniert natürlich nur wegen der relativ geringen Fährstrecke. Ein kilometerlanges Kabel wäre nicht vorstellbar. So: Wieder wat jelernt.
Ein Bier im nahe gelegenen Restaurant „Zur Fähre“ rundet den wunderbaren Wandertag zünftig ab, bevor wie bequem mit der S-Bahn (fährt von Strausberg-Stadt allerdings nur alle vierzig Minuten) Richtung Berlin fahren.

9. Etappe von Trampe nach Leuenberg (ca. 17 km)

9.10.2014

In Trampe nach unkomplizierter Anreise mit S-Bahn, Regionalbahn und Bus angekommen, holen wir nach, was wir bei der letzten Wanderung aus fahrplantechnischen Gründen versäumt hatten: Wir gehen in den Schlosspark/Gutspark in Trampe und stellen fest, dass man für eine Erkundung des ca. 25 ha großen Areals mit seinen Burgresten wohl einen halben Tag einplanen müsste. Deshalb verschieben wir die Besichtigung auf später im Leben und machen uns auf den Weg zum Gamengrund. Bis dahin geht es durch stille Wälder einige Kilometer nach Osten, bis wir an der Nordspitze des Gamensees (19) nach Süden einschwenken. Es gibt eine Reihe von kleinen Badestellen, leider ohne Sitzgelegenheiten, dafür mit schöner Aussicht auf den langgezogenen, schmalen See mit schilfbewachsenen Ufern. Reine Natur. Ein Angler kommt, den wir eigentlich nicht weiter stören wollen. Die Wasserqualität sei gut, aber mit Fischen ist’s nicht weit her, sagt der Angler. Warum er dann hier angelt, weiß er hoffentlich. Bei schönem Wetter (statt des vorhergesagten Dauerregens) wandern wir durch Wälder und nur selten offene Landschaften durch das Tal, das Gamengrund heißt. Es ist ein eiszeitlicher Entwässerungsgraben hin zum Berlin-Warschauer Urstromtal, dessen Reste sich uns als Seenkette darbieten, wie um die schwache Ausbeute an Seen auf den letzten beiden Etappen etwas auszugleichen: Wir kommen zum Teufelssee (20), danach zu drei kleinen, noch unbenannten Waldseen, denen wir einfach unsere Namen geben (Frage: Wer benennt Seen und wo kann man die Namensrechte anmelden?). Dann versperrt uns ein rot-weißes Absperrband den Weg und das Schild mit der Aufschrift „Forstarbeiten, Betreten verboten“ unterstreicht die Warnung eindringlich. Da es außer der Umkehr keine Alternative gibt, missachten wir in bester Wanderertradition das Verbot, lassen den Lastwagen, der uns bald entgegenkommt, freundlicherweise vorbei und tun so, als ob wir friedliche Absichten hätten. Wir laufen etwa einen Kilometer auf schmierigem, von den Lastwagen aufgewühltem Boden, bis wir die Verbotszone wieder verlassen. Die nächsten Gewässer sind Buchsee (21), Dümpel (22), Langer See (23) und schließlich der Röthsee (24), der aber nur nach Durchqueren einer gut besuchten Schafweide erreicht werden kann. Die Schafe mähen zwar aufgeregt, sind sich ihrer potenziellen Macht aber nicht bewusst und machen den Weg frei. In Leuenberg kehren wir in die Jagdclause (so geschrieben) ein, weil wir bis zur Abfahrt des Busses noch über eine Stunde Zeit haben. Die Soljanka bekommt eine gute Note und die Wirtin spricht unaufgefordert über ihr Leben als Tanz- und Eisschnelllaufmeisterin. Die Preisgestaltung ist sonderbar; dass eine Apfelschorle 0,4 l teurer ist als ein Pils 0,5 l erschließt sich uns nicht. Den Weg zurück mit dem Bus bis Werneuchen, der Regionalbahn bis Lichtenberg und dann mit der S-Bahn kennen wir schon. Keine Verzögerung durch Signalstörung, Kabeldiebstahl oder sonstige Feinde des geregelten Bahnbetriebs…

8. Etappe, 14.8.2014 von Melchow nach Trampe (ca. 12 km)

Das Leben ist ja kein Schlager: „Tausendmal ist nichts passiert“ wäre schön, aber sieben Mal ist ja auch schon was. Jetzt, bei der achten Anreise erwischt es uns. Während drei Mitstreiter auf dem Bahnsteig in Bernau stehen und in den Zug nach Melchow einzusteigen gedenken, machen mir „Verzögerungen im Betriebsablauf“, die als Grund für die Verzögerungen im Betriebsablauf angegeben werden, zu schaffen. Der Zugführer hat dann auch keine Lust mehr und schmeißt die Leute in Buch erstmal alle raus. Das haben sie jetzt davon, dass sie mit der S-Bahn fahren. Könnten ja auch das Auto benutzen, wie jeder normale Mensch. Irgendwann erreicht man aber immer sein Ziel, wir haben aber keine Lust, 50 Minuten auf den nächsten Zug zu warten und unterstützen den lokalen Mittelstand, indem wir uns ein Taxi spendieren. Der Taxifahrer erweist sich als einer von uns: Er kennt Jimi Hendrix natürlich noch.
Wir beginnen unsere Tour am Bahnhof Melchow, gehen an der denkmalgeschützten Alten Schmiede vorbei (etwas heruntergekommen) und verlassen den Ort, nicht ohne die „schönen alten Häuser“ gesehen zu haben, von denen Reschke in seiner Wanderfibel schwärmt. Es geht heute unspektakulär durch den Wald, durch den schon Napoleon auf seinem vergeblichen Weg zur Weltherrschaft und Friedrich II aus unbekannten Gründen dahin ritten. In Schönholz kehren wir schon nach einer knappen Stunde ein, weil der Garten eines Gasthofs lockt. Leider gibt es keine Soljanka, die Tomatensuppe und die Käsesüppchen enthalten aber auch viel Undefinierbares. Der Besitzer, schon auf die achtzig zugehend und sehr an James aus „Dinner for one“ erinnernd, unterhält uns während der Wartezeit auf Suppen und Kohlroulade mit Lebensweisheiten und selbsterfundenen Witzen, deren Pointen sich uns nicht immer bis in die letzten Feinheiten erschließen.
Kurz nach dem Weitermarschieren überqueren wir das Nonnenfließ. Obwohl wir mit den Empfehlungen von Herrn Reschke schon unsere Erfahrungen gemacht haben, wollen wir doch den bis auf zwei Feuerlöschteiche einzigen See der Tages, Bornemanns Pfuhl, ansehen. Zwar biegen wir genau nach Vorschrift am Findling rechts ab, finden den Pfuhl aber trotzdem nicht (verlandet?, in der neu angelegten Schonung versteckt?). Unsere Trauer über das Missgeschick hält sich in sehr engen Grenzen. Der nördlichste Punkt der 66-Seen-Tour ist erreicht, da es ab jetzt nach Süden geht, müsste es eigentlich kontinuierlich wärmer werden. Nach nur noch zwei Kilometern sind wir in Trampe. SPD- und NPD-Wahlplakate teilen sich friedlich die Laternenpfähle, andere Parteien scheint es nicht zu geben. Über viele Stationen (Bus bis Werneuchen, Regionalbahn bis Lichtenberg, S-Bahnen zum jeweiligen Wohnort) erreichen wir schließlich die Berliner Heimat.